U-Boot-Wrack entdeckt: Mit diesem Super-U-Boot hätten Nazis Südamerika erreicht - WELT (2024)

Zweiter Weltkrieg U-Boot-Wrack entdeckt

Die Fähigkeiten der neuen deutschen U-Boote vom Typ XXI versetzten die Royal Navy in Panik. Im Mai 1945 wollte „U 3523“ nach Norwegen fliehen. Ein Wrack wurde im Skagerrak gefunden.

| Lesedauer: 4 Minuten

Von Florian Stark

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Ein deutscher Funkspruch, den die britische Abwehr im Oktober 1944 abfing, versetzte das Hauptquartier der Royal Navy in helle Aufregung. Darin erklärte Hitlers oberster Admiral Karl Dönitz seinen U-Boot-Kapitänen, er werde einen „neuen U-Boot-Krieg … gegen die Westmächte“ eröffnen. Die britische Führung wusste, dass dafür Boote des neuen, überlegenen Typs XXI bereitstanden. „Ihre hohe Unterwassergeschwindigkeit belastete uns mit drohenden Problemen und würde tatsächlich, wie es Dönitz voraussagte, den U-Boot-Krieg revolutioniert haben“, erklärte der englische Premier Winston Churchill im Rückblick.

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Diese Boote waren „topmodern und ihrer Zeit weit voraus“, beschreibt der Direktor des Seekriegs-Museums Jütland, Gert Normann Andersen, seinen Fund. Im Skagerrak, etwa 18 Kilometer von Skagen entfernt, haben Taucher des Hauses im Jahr 2018 „U 3523“ gefunden, eines der wenigen Boote vom Typ XXI, die am Ende des Zweiten Weltkriegs noch zum Einsatz kamen.

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Das Wrack liegt in 123 Metern Tiefe in einer sehr ungewöhnlichen Position: Der Bug hat sich in den Sand eingegraben, das Heck steht 20 Meter über dem Grund. Das Boot sei etwa neun Seemeilen abseits der Stelle gefunden worden, die britische U-Boot-Jäger 1945 als Abschussort angegeben hätten, heißt es aus dem Museum, das auf das Aufspüren untergegangener Schiffe spezialisiert ist. Bislang wurden 450 Wracks aus allen Epochen in Nord- und Ostsee entdeckt, darunter mehrere deutsche und britische U-Boote.

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„Das ist ein ganz besonderes U-Boot. Es war das modernste U-Boot, das die Deutschen im Krieg gebaut haben“, sagt Andersen. Für Dönitz war es gar eine „Wunderwaffe“. Bei einer Länge von 76 Metern und einer Breite von 6,6 Metern verdrängten diese Boote getaucht 1800 Tonnen, konnten bis zu 300 Meter tief tauchen und erreichten über Wasser eine Geschwindigkeit von 18 Knoten.

Doch nicht ihre sechs Torpedorohre waren ihre gefährlichste Waffe, sondern ihre Elektromotoren. Mit starken Akkus ausgerüstet, konnten sie unter Wasser eine Geschwindigkeit von 16 Knoten erreichen. Ein Schnorchel machte es möglich, dass die Boote sogar unter Wasser laufen konnten, um dabei mithilfe der laufenden Dieselmotoren die Batterien aufzuladen. Bei Versuchen wurden Tauchfahrten von bis zu 70 Tagen erreicht.

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Boote vom Typ XXI waren daher in der Lage, ständig unter Wasser zu operieren und sich ihren Opfern unentdeckt und mit hoher Geschwindigkeit zu nähern. Das war die „Revolution“, von der Churchill sprach und die nach dem Krieg dem U-Boot-Bau völlig neue Wege öffnete.

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„U 3523“ halfen diese Innovationen dennoch wenig. Technische Probleme und der Mangel an Ersatzteilen in der Endphase des Krieges hatten die Ausbildung der 58 Mann starken Besatzung um Oberleutnant Willi Müller immer wieder verhindert. Im Januar 1945 gelang ihm der Durchbruch von Danzig nach Travemünde und weiter nach Kiel. Am 2. Mai verließ das Boot den Hafen Richtung Helsingör.

Dort erreichte „U 3523“ ein letzter Befehl: Möglichst noch Norwegen zu erreichen oder das Boot gemäß des Befehls „Regenbogen“ zu versenken. Diesen Befehl zur Selbstversenkung hatte Dönitz in der Endphase des Krieges gegeben, aber am Abend des 4. Mai – nach der Unterzeichnung der Waffenruhe gegenüber der britischen Armee – zurückgenommen. Wie spätere Quellenfunde zeigen, stammt die erneute Bestätigung von „Regenbogen“ offenbar von hochrangigen Seeoffizieren, die sich damit über ihren Chef hinwegsetzten, wie der Marinehistoriker Werner Rahn in dem Standardwerk „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ ausführt.

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Gemeinsam mit weiteren Booten versuchte „U 3523“, Norwegen zu erreichen. Am Mittag des 6. Mai wurde die Gruppe von einem britischen B-24-Liberator-Bomber entdeckt. Müller gelang es, rechtzeitig wegzutauchen und damit dem Angriff zu entgehen. Am Abend ortete erneut ein Liberator das Boot und belegte es mit Bomben. Diesmal zeugten eine breiter Ölfleck und Bootstrümmer davon, dass das Boot getroffen worden war. Damit gilt „U 3523“ als letztes direkt im Kampf versenktes deutsches U-Boot des Zweiten Weltkriegs.

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An den Booten der XXIer-Klasse, die über eine Reichweite von rund 29.000 Seemeilen verfügten, machte sich nach dem Krieg das Gerücht fest, hochrangige Nazis seien mit ihnen und wertvoller Fracht wie Gold und Gemälden in Richtung Südamerika geflüchtet. „Ob das auch das Ziel der letzten Fahrt dieses U-Bootes war, weiß niemand“, sagt Andersen. „Genauso wenig, ob das U-Boot Wertgegenstände oder Passagiere an Bord hatte, die nicht zur festen Besatzung von 58 Mann gehörten.“

Pläne, das U-Boot aus 123 Metern Tiefe zu heben, um diese Fragen zu beantworten, gibt es nicht. Neben „U 3523“ ist nur ein weiteres Boot vom Typ XXI erhalten: „U 2540 Wilhelm Bauer“ liegt als Museumsboot im Alten Hafen von Bremerhaven.

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